Katharina Mayer über Sehen

Katharina Mayer, Künstlerin und Professorin für Fotografie. Foto: privat

Katharina Mayer ist international anerkannte Foto- und Video-Künstlerin aus Düsseldorf. Sie lehrt als Professorin für Fotografie an der BTK Berlin, Standort Iserlohn. Regelmäßig schreibt und arbeitet Katharina auch für das Düsseldorfer Obdachlosen-Magazin und Trebe-Projekt „Fiftyfifty“. Einsicht, Engagement und Kommunikation sind für die Becher-Schülerin schon früh zentrale Voraussetzungen für das Entstehen ihrer Werke.

Konrad: Was ist dein Schlüsselerlebnis als Fotografin?

Katharina: Ich habe irgendwann erkannt, dass ich keine „richtige“ Fotografin bin. Das Medium hat sich mir angeboten, immer wieder übergreifend zu arbeiten an dem, was mich interessiert. Mein Werkzeug ist meine Stimme, mein Stimmrecht, meine Bestimmung, meine Selbstbestimmung. Ich zeichne, singe, spreche, fotografiere und schweige.

Konrad: Wie entsteht Mystik, Gehalt, Schwere in der Fotografie?

Katharina: Indem Menschen immer wieder in die Dunkelkammer gehen und zusehen, wie das Bild im Entwickler aus dem Nichts auftaucht. Diesen magischen Moment dürfen wir nie vergessen bei aller Digitalisierung. Und darin liegt die gesamte Tiefe der Fotografie.

Konrad: Haben Motive einen Startknopf, Sujets eine Gebrauchsanweisung?

Katharina: Ich kenne Gebrauchsanweisungen von Kameras, die ich mir anschaue und durcharbeite, wenn ich eine Neue kaufe. Motive haben keinen Startknopf, sie leben von der intensiven Wahrnehmung der Betrachtung.

Konrad: Was sind deine erschreckendsten und deine schönsten Momente beim Fotografieren?

Katharina: Ich habe nie erschreckende Momente mit der Fotografie erlebt. Schöne Momente sind immer wieder diejenigen, in denen mit den Menschen, die ich fotografiere, ein kontemplativer Moment entsteht. Die Schönheit der Fotografie liegt darin, dass sie den Moment in ein Bild und das Bild in einen Moment verwandelt. Es geht um die „versiegelte Zeit“ (Tarkowski), in der sich Moment und Bildidee treffen.

Konrad: Was siehst du, wenn du Armut siehst?

Katharina: Armut habe ich nie gesehen. Ich habe mit armen Menschen gearbeitet in Slums oder auf der Straße und in Städtischen Obdächern. Alle Menschen, die ich dort antraf, erzählten mir aus ihrem Leben. Und das hat uns verbunden.

Jüngst ist Katharina Mayers neuester Katalog „Familinebande“ bei edition: 1000 zum Preis von 39 Euro erschienen, ISBN 978-3-902993-51-9 

www.katharinamayer.com