Der kleine Vogel Kunibert über den Lärm, die Zeit und das kurze Leben.

Kunibert klaubt sich immer mal wieder ein Insekt vom Zweig eines Busches vor meinem Fenster. Hier verkehren keine Busse, sondern hier stehen Büsche, und auf denen haben sich gleich mehrere Meisen, Rotkehlchen etc. ihre Fress-, Zwischenstop- und Ausruhplätzchen gewählt. Sie ernähren sich hier bei uns sowohl von umherkrabbelndem Getier, als auch von Vogelfutter, das wir oder die Nachbarn ihnen hinstreuen. Daher sind sie nicht nur da, sondern zutraulich, neugierig und ziemlich intelligent. Was mich dazu brachte, Kunibert einfach mal nach seiner conceptual continuity* zu fragen. Here we go!

Konrad: Gerade in schwierigen Zeiten wie diesen – wie lebt sich’s denn so als Vogel?

Kunibert: Ach, gar nicht so schlecht, wie ihr immer vermutet. Durch unser kleines Hirnchen kriegen wir viel von dem, was ihr alles so wahrnehmt, gar nicht mit.

Konrad: Aber der Lärm von Autobahnen, Laubsaugern und Kettensägen, die Pestizide!

Kunibert: Komm hör auf! Interessiert mich doch gar nicht. Hauptsache, ich hab hier mein Futter, mein Plätzchen zum Pennen, und dazu regelmäßig, aber unspektakulär meine Partnerin zum – na du weisst schon.

Konrad: Und deine Kinder? Irgendwann haben die gar keinen Platz mehr hier!

Kunibert: Sobald die aus dem Haus sind, interessieren die meine Partnerin nicht mehr, mich sowieso nicht. – Sag mal, willst du mir hier miese Laune machen? 

Konrad: Na ja, eure Art stirbt aus.

Kunibert: Also doch Miesepeter. Hör mal: was ich hier immer so in und rund um eure Butze sehe ist, dass ihr mehr kauft, als ihr esst, mehr esst, als ihr braucht, und erst schlaft, wenn eure kleinen Sonnen untergehn. Dass ihr statt Fressen zu jagen und zu futtern und dann zu schlafen auf komischen Zweigen sitzt und auf sehr komische leuchtende plattgeklopfte kurze Äste guckt. Und dass ihr dabei eher selten glücklich, sondern meist unzufrieden, gelangweilt oder erbost ausseht. Ich kann das ja nicht beurteilen, aber ich sehe da einen Zusammenhang zwischen eurem Jagt-, Ess- und Schlaf-Verhalten und deinen Fragen. Kann es sein, dass du ne Meise hast – wie ihr zu sagen pflegt? Ne Schraube locker? Eine Scham, aber keine Eier?

Konrad: Bitte was?

Kunibert: Jetzt mal Klartext – Ihr futtert, glotzt und wacht ständig mehr als ihr müsst und behauptet, ein schlechtes Gewissen zu haben? Äh, warum macht ihr das? Seid ihr wirklich so? … So hab ich das noch gar nicht gesehen! Oha, sollte ich mal besser woanders hingehen?

Konrad: Nein, bitte bleib! Und vielen Dank für das Gespräch.

Nützliche Links bzgl. „conceptual continuity“ im Allgemeinen und im Besonderen.

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